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#Neues aus der Industrie

Cannabinoide und deren Abfüllung

Herausforderungen beim Handling der hochviskosen Masse

Nach langen Diskussionen wurde am 19. Januar 2017 einer Änderung des Betäubungsmittelgesetzes durch den Bundestag zugestimmt und seit 10. März 2017 ist das Gesetz in Kraft getreten. Cannabinoide sind nun offiziell als therapeutisches Mittel in Deutschland zugelassen: Welche Cannabinoide gibt es? Welche Darreichungsformen gibt es? Und wie können die viskosen Produkte prozesssicher und schnell abgefüllt werden?

Laut einer Übersicht des Deutschen Ärzteblattes sind aktuell 13 verschiedene medizinische Cannabissorten erhältlich. Sie unterscheiden sich in ihrer Wirkstoffkonzentration und werden als Kapsel-, Lösungs-, oder Inhalationsform konsumiert. Die Aufnahme des Wirkstoffes über die Lunge oder den Verdauungstrakt entscheidet über Wirkdauer und Wirkeintritt. Bei Inhalation setzt der therapeutische Effekt bereits nach wenigen Minuten ein, die Wirkdauer ist jedoch kürzer. Bei oraler Aufnahme tritt die Wirkung in der Regel erst nach einer halben Stunde oder mehr ein – dafür ist die Wirkdauer länger. Für die Therapie beschreibt der Gesetzestext (5. SGB §31) zwei Stoffe: Dronabinol und Nabilon. Dronabinol ist bei den meisten besser bekannt als Tetrahydrocannabinol, oder kurz THC (Handelsnamen in den USA: Marinol, Syndros). Die Einsatzgebiete erstrecken sich von (chronischen) Schmerzen, Spastiken, über Appetitlosigkeit und Schlaflosigkeit bis hin zur Bekämpfung von Übelkeit. Um an den Wirkstoff der Substanz zu gelangen wird sie über verschiedene Verfahren extrahiert. Das Ergebnis ist ein leicht gelblich-braunes Harz. Es ist bei niedrigen Temperaturen sehr zähflüssig und wird mit zunehmender Temperatur weniger viskos. Das Harz ist in Wasser unlöslich, weshalb es für die verschiedenen Verabreichungsformen meist mit anderen Fetten oder Ölen vermischt wird. Das zweite zugelassene Produkt ist Nabilon, ein synthetisch hergestelltes Derivat des THC. Der Handelsname im deutschsprachigen Raum ist Canemes, in den USA und Großbritannien eher bekannt als Cesamet. Der Wirkstoff wird bei Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum bei Übelkeit und Erbrechen unter Zytostatika bzw. Bestrahlungstherapie im Rahmen einer Krebstherapie verwendet.

Eine von der Süddeutschen Zeitung durchgeführte Befragung der drei größten Krankenkassen ergab, dass die Anträge für eine Kostenübernahme bis Anfang Oktober auf fast 10.000 gestiegen sind. 6.200 davon wurden zugesagt. Die Zahl der von Ärzten ausgestellten Rezepte stieg ebenso um ein Vielfaches.

Aufgrund dieses Booms, kommt es oft zu Lieferengpässen. Ein Apotheker, der in der Süddeutschen Zeitung zitiert wird, formuliert es so: „Es sieht so aus, als sei der Bedarf unterschätzt worden.“ Doch schon vor Inkrafttreten des Gesetzes, war mit Lieferschwankungen zu rechnen. Die Produktion von medizinisch nutzbarem Cannabis muss nun entlang der Lieferkette angepasst werden. Ein Ende des Booms ist bis jetzt nicht absehbar.

Die bisherigen Produktionen für den Markt werden aktuell hochgefahren und ausgebaut. Wurde die Spritze mit dem THC früher noch teils mit der Hand gefüllt, so wird dies nun voll- oder halbautomatisch erledigt. Damit werden Produktionszeiten in diesem Bereich drastisch gesenkt. ViscoTec – spezialisiert auf die Verarbeitung von hochviskosen Stoffen – bietet hierzu präzise Lösungen an. Aufgrund der hohen Viskosität des Produktes sind nicht alle Pumpentypen, wie zum Beispiel Peristaltik- oder Drehkolbenpumpen dafür geeignet. ViscoTec Exzenterschneckenpumpen, die nach dem Endloskolben-Prinzip funktionieren, haben sich in diesem Gebiet bewährt. Die Dosiergeräte zählen zu den rotierenden Verdrängerpumpen. Der Edelstahlrotor bewegt sich dabei exzentrisch in einem Stator aus Elastomer. Durch das Zusammenspiel von Rotor und Stator entstehen Kammern. Die Größe der sich alternierend öffnenden Kammern ist auch während der Rotation konstant, so dass es zu keiner Komprimierung des geförderten Produktes kommt. Aufgrund dieser Dosiergeometrie wird drehwinkelproportional pro Umdrehung immer ein konstantes Volumen gefördert. Unabhängig von der Viskosität des Mediums und bei pulsationsfreiem Produktstrom. Diese Tatsache führt zu einer gewährleisteten Dosiergenauigkeit am Pumpenaustritt von +/-1 % (abhängig vom Medium), die in der Praxis oft unterschritten wird. Durch das komprimierungslose Fördern können auch höchstviskose Medien gefördert bzw. abgefüllt werden. Die Pumpentechnik weist zusätzliche Vorteile gegenüber anderen Dosiermechanismen auf. So kann z.B. in über 95 % aller Anwendungen auf Abfüll- und Dosierventile völlig verzichtet werden, da es durch einen Rückzug (Umkehrung der Drehrichtung des Dispensers) zu einem kontrollierten Fadenabriss kommt bzw. ein Nachtropfen verhindert wird. Dieser Vorteil ermöglicht u.a. die genaue Dosierung von fadenziehenden Gelen oder Harzen.

Die zur Abfüllung des Cannabisharzes verwendeten Pumpen sind nach den Anforderungen der GMP und FDA Guidelines konzipiert. Auch der Reinigbarkeit und Dokumentation wurde also entsprechende Beachtung geschenkt. Der Dispenser ist nach seinem Einsatz in unter einer Minute werkzeuglos zerlegt und kann in Reinigungsbädern oder auch in automatisierten Spülern gereinigt sowie in einem Autoklav sterilisiert werden.

Seit der Legalisierung am 19. Januar ist schon einige Zeit vergangen, doch der Bedarf ist ungebrochen. Um diesen zu decken wird weiter an der Modernisierung und Anpassung der Produktionskette und somit an der Sicherstellung der Versorgung der betroffenen Patienten gearbeitet. In einem konkreten Fall wurde durch den Einsatz des halbautomatischen Dosiersystems von ViscoTec die Taktzeit für die Befüllung einer Spritze von ursprünglichen 2 Spritzen pro Minute (per Hand) auf 12 Spritzen pro Minute erhöht.

In hohem Grade zähflüssiges THC-Harz stellt Herausforderungen für die Dosierungsund füllenden Systeme dar.

Infos

  • Amperstraße 13, 84513 Töging am Inn, Germany
  • Elisabeth Naderer