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#White Papers

Automatisiertes Entgraten mit Robotern

Möglichkeiten und Grenzen

Gießereien und Lohnfertiger in West- und Nordeuropa stehen seit jeher unter immensem Kostendruck: die generelle Erwartungshaltung der Kunden geht seit Jahren in Richtung Preisreduzierung, zusätzlichen Druck erzeugt der Wettbewerb aus Billiglohnländern. Großes Potential, um die eigene Produktion wettbewerbsfähiger zu machen, liegt dabei zweifellos in der Automatisierung der Produktionsprozesse. Und immer mehr Betriebe denken dabei auch an die Automatisierung des Entgratens, einer Tätigkeit, die als nicht wertschöpfend gilt, um die man aber bei den meisten Gußteilen nicht umhin kommt. Das roboterbasierte Entgraten ist dabei eine der am weitesten verbreiteten, weil sehr preiswerten Varianten des automatisierten Entgratens. Auf diese Nische hat sich das 1919 gegründete schwäbische Familienunternehmen Schmid & Wezel GmbH aus Maulbronn spezialisiert, dass unter der Marke BIAX Druckluftspindeln herstellt und vertreibt.

Eines von vielen Beispielen für eine gelungene Prozessautomatisierung liefert die Firma IDS Casting Service GmbH aus Oggelsbeuren auf der schwäbischen Alb. IDS ist ein Lohnfertiger, der täglich mehrere tausend Aluminium-Druckgussteile der Albert Handtmann Metallgusswerke GmbH aus Biberach in vier Roboter-Entgratzellen bearbeitet. Noch vor einigen Jahren wurde manuell entgratet, bis Reinhard Maier, kaufmännischer Leiter bei IDS, die Automatisierung selbst in die Hand nahm. Seither arbeitet IDS dreimal schneller und zweimal günstiger, als von Hand. Hinzu kommt, dass es fast keinen Ausschuss mehr gibt und die Qualität des Arbeitsergebnisses konstant bleibt. Doch nicht jeder Betrieb verfügt über versierte Spezialisten und ausreichendes Know-How, um ein Automatisierungsprojekt aus eigener Kraft zu stemmen. In diesem Fall bietet sich die Zusammenarbeit mit externen Systemintegratoren an. In jedem Fall ist es hilfreich, einige grundsätzliche Dinge über das roboterbasierte Entgraten zu wissen.

In der Entgratzelle

Meistens ist die Entgratzelle mit Roboter in eine automatisierte Transferstraße integriert. In der Entgratzelle greift der Roboter dann das Bauteil und führt es hin zu einer oder mehreren fest installierten Spindeln. Diese Variante ist zeitsparender und einfacher, als wenn der Roboter die Spindel zu den immer wieder neu zu fixierenden Bauteilen führen würde. Man spart sich also mit dem Fixieren des Bauteils einen Arbeitsschritt. Die Variante mit den am Roboter befestigten Spindeln hat jedoch bei sehr großen und schweren Bauteilen, die der Roboter nicht mehr heben kann, ihre Berechtigung.

Es werden bevorzugt druckluftbetriebene Spindeln eingesetzt, da sie im Vergleich zu Elektrospindeln deutlich preiswerter, vom Gewicht her leichter und kompakter sind. Auch lassen sich mit Druckluftspindeln viel höhere Geschwindigkeiten erzielen, als mit Elektrospindeln.

Werkzeuge und Spindeln

Grundsätzlich lassen sich, je nach Werkstück und gewünschtem Ergebnis, sehr unterschiedliche Bearbeitungswerkzeuge wie Frässtifte, Bürsten, Feilen, Senker und Schleifkörper einsetzen. Am häufigsten verbreitet ist sicherlich das Entgraten mit Frässtiften und Bürsten für feste bzw. lose Grate. Feilen kommen meist dann zum Einsatz, wenn nur ein sehr geringer Materialabtrag erlaubt ist. Senker werden zum Entgraten von Bohrungen verwendet.

Diese Werkzeuge lassen sich mit rotierenden oder oszillierenden Druckluftspindeln betreiben. Die Spindeln können starr sein oder mit einer radialen bzw. axialen Auslenkeinheit eingesetzt werden. Die Auslenkeinheit wird insbesodere dann erforderlich, wenn Bauteiltoleranzen und Ungenauigkeiten in der Positionierung des Werkstücks ausgeglichen werden müssen. Ersteres ist gerade für Gussteile typisch, egal ob aus Metall, Kunststoff oder Faserverbundwerkstoff, da diese im Gegensatz zu Graten von bearbeiteten (zerspanten) Teilen in der Regel sehr ungleichmäßig sind. Die Auslenkung wird pneumatisch oder über Federpakete erzeugt, die Auslenkkraft lässt sich über Druck bzw. Federvorspannkraft einstellen.

Möglichkeiten und Grenzen

Doch was können die Spindeln und wo stoßen sie an Grenzen? Martin Gerstner, Automatisierungsexperte bei BIAX, definiert das Optimum bei roboterbasiertem Entgraten wie folgt: “Eine gleichmäßige und gleichbleibende Entfernung des Grates bei sich wiederholenden Bauteilen.”. “Gleichmäßig” bedeutet, durchgängig eine Fase von zum Beispiel 0,5 mm zu erzeugen. Und “gleichbleibend” heißt, dass bei allen Bauteilen einer Serie die Fase gleich sein soll. “Die Genauigkeit des Ergebnisses ist dabei von Faktoren wie Werkzeugsystem, Bauteiletoleranz, Beschaffenheit des Grates, Roboter und seine Programmierung sowie Spannmittel bzw. Greifer, abhängig. Problematisch wird es, wenn sich die Bedingungen bei aufeinander folgenden Bauteilen ändern“, so Gerstner.

Vor der Wahl des passenden Werkzeugsystems ist die wichtigste Frage zu beantworten: Was ist verlangt? Grundsätzlich lassen sich drei verschiedene Anforderungen unterscheiden:

• Der „lose“ Grat muss entfernt werden

oder

• Der Grat muss entfernt werden und es muss eine undefinierte Fase erzeugt werden

oder

• Der Grat muss entfernt werden und es muss eine definierte Fase erzeugt werden (Sichtteile, Kanten mit Funktion)

Der problematischste Fall ist sicherlich letzterer. Hierfür gibt es zwar einige Lösungsansätze, diese sind aber (noch) sehr aufwendig und heben den Produktivitätsgewinn der Automatisierung wieder auf. Denkbar wären etwa der Einsatz von Werkzeugen mit Festanschlag, das Fahren mehrerer Bearbeitungsschleifen oder eine exakte Vermessung (Scan) der Bauteillage/Bauteilmaße eines jeden Bauteils.

Eine Zusammenfassung der verschiedenen Anforderungen und Lösungsmöglichkeiten in Kombination mit verschiedenen Faktoren ist in der BIAX-Anwendungsmatrix am Ende des Artikels dargestellt. Das “flexible System” steht dabei für eine Spindel mit Auslenkung.

Das RSC Modular System – nur zahlen, was man braucht

Als Reaktion auf die unterschiedlichsten Anforderungen hat BIAX nach jahrelanger Entwicklungsarbeit 2016 mit dem RSC Modular System ein einzigartiges Entgratsystem nach dem Baukastenprinzip auf den Markt gebracht: hier kann man sich in Abhängigkeit von der Anwendung seine individuelle Lösung zusammenstellen. Man zahlt also nur für das, was man gerade braucht und kann später kostengünstig nach- bzw. umrüsten. Es gibt diverse gerade und gewinkelte Druckluftspindeleinsätze mit Geschwindigkeiten von 10.000 bis 100.000 Umdrehungen pro Minute, sowie eine oszillierende Spindel für Feilen. Diese werden immer in ein Kupplungsteil eingesetzt. Optional stehen eine radiale und eine axiale Auslenkung zur Verfügung. Sollten sich die Anforderungen an den Entgratprozess ändern, weil zum Beispiel das Bauteil ausgelaufen ist und durch ein anderes ersetzt wurde, kann das System problemlos an ein neues Entgratprojekt adaptiert warden. Hierfür reicht es, einfach nur einen neuen Spindeleinsatz zu kaufen und nicht das komplette System, wie bei allen vergleichbaren Produkten auf dem Markt. Auch die Lagerkosten verringern sich, da man nur die Spindeleinsätze für den Notfall vorhalten muss.

Da BIAX über ein firmeneigenes Testzentrum mit Roboter verfügt, bieten die Maulbronner einen kostenlosen Service an, der auf rege Nachfrage stößt: Interessenten können Ihre Bauteile einsenden und erhalten von BIAX eine optimalen Lösungsvorschlag.

Entgratung eines Gehäuses bei Siemens Tschechien

Infos

  • Maybachstraße 2, 75433 Maulbronn, Germany
  • Filipp Pachomow

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