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Telemedizin-Roboter bringen Fachwissen auch in abgelegene Regionen
Das Display-/Kamera-Modul des RP-Vita verfügt über Neigefunktionen, wo der "Hals" am Display angebracht ist, und Schwenkfunktionen in der "Schulterregion", wo der Hals am Torso befestigt ist.
Es gab einmal eine Zeit, in der Telemedizin bedeutete, einen Herzfrequenzmonitor an den Telefonhörer zu halten, um ein akustisches Signal wiederzugeben. Moderne Telepräsenzroboter wie der RP-Vita von InTouch Health können jedoch viel mehr, als die diagnostischen Informationen eines Patienten in die Hände eines externen Arztes zu legen: Sie schaffen eine virtuelle Präsenz, die es Ärzten und Patienten gleichermaßen ermöglicht, Untersuchungen auf eine Weise zu erleben, die der Realität erstaunlich nahe kommt. Mit hochentwickelten Steuerungen, modernster Bildgebung und kleinen, leisen FAULHABER-Gleichstrommotoren von FAULHABER ermöglicht InTouch eine medizinische Spitzenbetreuung selbst in den entlegensten Gegenden der Welt.
Der RP-Vita ist der jüngste Vertreter der von InTouch angebotenen Familie von Produkten für Telepräsenz (Remote Presence, RP). Neben RP-Xpress, einem tragbaren Gerät für Konsultationen per Funk, stellt das Unternehmen zwei manuelle Telepräsenzwagen her: RP-Lite für Notaufnahmen und Intensivstationen sowie RP-Vantage, ein chirurgisches Telepräsenzgerät mit einer an einem Ausleger montierten Kamera, die von einem entfernten Bediener über einem sterilen Feld positioniert werden kann. Der RP-7i ist der erste Schritt des Unternehmens auf dem Weg zu autonomen Telepräsenzrobotern. Bei der Entwicklung seines neuesten Systems RP-Vita war InTouch bestrebt, eine anthropomorphe Version zu bauen, die in der Lage ist, bei Bedarf zu einer vorab kartographierten Position zu navigieren oder dem externen Bediener die volle Kontrolle über die Steuerung sowie die Kommunikation, das Bildmaterial und die Daten zu geben.
Der RP-Vita besteht aus einem 125 cm großen "Torso", auf dem ein Display angeordnet ist, das sowohl in Form als auch in Funktion als Kopf fungiert. Der Roboter besitzt eine Reihe von Sensoren, von Laserentfernungsmessern bis hin zu einem Sonar, die eine 3D-Kartierung der Umgebung vornehmen und Möglichkeiten zum Umgehen von Hindernissen bieten. Mehrere E/A-Kanäle ermöglichen eine Zweiwege-Kommunikation zwischen Arzt, Patient und Personal und erleichtern zugleich die Kopplung mit Diagnosegeräten. Die Steuerung kann im Fernzugriff über ein iPad oder vor Ort über einen integrierten Touchscreen erfolgen.
So viel Funktionalität in eine relativ kompakte Einheit zu packen, brachte jede Menge Herausforderungen mit sich. Das System musste nicht nur Anforderungen wie geringe hörbare Geräusche und einen hohen Wirkungsgrad zur Verlängerung der Akkulaufzeit erfüllen, sondern auch strenge medizinische Sicherheitsstandards mit strikten Beschränkungen in Bezug auf Strahlungsemission und elektromagnetische Störungen. Im Gegensatz zu Industrierobotern bewegt sich der RP-Vita innerhalb einer Krankenhausumgebung in Räume hinein und aus ihnen heraus. Dabei wird er manchmal von einem externen Bediener gesteuert, bewegt sich aber zu anderen Zeiten auch autonom. Außerdem musste er flink und verlässlich arbeiten und ein ansprechendes Erscheinungsbild haben. Vor allem aber musste er sicher und zuverlässig sein. “Er wird vielleicht nicht den ganzen Tag über eingesetzt, aber wenn ein Schlaganfallpatient eintrifft und eine Interaktion mit einem Spezialisten in einem benachbarten Krankenhaus erforderlich ist, muss der Roboter online und voll funktionsfähig sein”, sagt Daniel Sanchez, Direktor des Bereichs Maschinenbau und Elektrotechnik bei InTouch.
Schwenken und Neigen
Die Augen und Ohren eines Arztes sind für den Diagnose- und Behandlungsablauf unerlässlich. Wie bei den anderen Geräten der RP-Familie sind auch beim RP-Vita zwei hochauflösende Kameras in sein Display integriert. Eine Kamera ist mit einem Fischaugen-Objektiv für ein 180°-Sichtfeld ausgestattet; die andere Kamera bietet einen mehr als 20-fachen optischen Zoom, so dass insgesamt ein 120-facher effektiver Zoom zwischen den beiden Kamerasystemen möglich ist: So kann der externe Arzt alles tun, was nötig ist, vom Navigieren in den Gängen bis zum Heranzoomen an die Augen eines Schlaganfallpatienten.
Natürlich ist selbst die beste Kamera der Welt wertlos, wenn sie nicht in die richtige Richtung zeigt. Alle mobilen RP-Roboter von InTouch verfügen deshalb über hochauflösende Schwenk- und Neigefunktionen für ihr Display. Beim RP-Vantage und beim RP-Lite hängen die Displays von einem zylindrischen "Hals" herab, der genug Platz zur Unterbringung der Komponenten für beide Bewegungsachsen bietet. Der Hals des RP-Vita ist sowohl in Form als auch in der Größe völlig unterschiedlich und gerade einmal 10 cm breit und 4 cm dick. In diesem Bauraum konnten die beiden Sätze von Motoren, Getrieben, Encodern, Kupplungen usw. nicht untergebracht werden. Stattdessen trennte das Team die Bewegungsachsen voneinander und platzierte die Schwenkkomponenten im "Schulterbereich" oben am Torso und die Neigeelemente dort, wo das Display am Hals befestigt ist.
Es gab nur einen Haken bei diesem Ansatz: Der Schwenkmotor musste nicht nur das Display bewegen, sondern auch die Bewegungskomponenten für die Neigeachse. Die Entwickler brauchten einen Neigemotor, der die Trägheit minimiert und gleichzeitig genügend Kraft liefert, um das 2,3-kg-Display mit 90 Grad/s zu neigen. Der Schwenkmotor musste ebenfalls kompakt sein. Obwohl der Schulterbereich des Torsos viel Platz für ein Bewegungs-Subsystem zu bieten scheint, ist in Wirklichkeit ein Großteil des Platzes belegt. Auf einer Seite befinden sich in einem Staufach ein Headset und ein Stethoskop; auf der anderen Seite verbergen sich in der Aussparung ein Telefon für private Gespräche sowie verschiedene Audio- und Videoeingangsanschlüsse.
“Wir müssen mit einem so engen Raum auskommen, aber die Motoren müssen ein gutes Drehmoment erzeugen und außerdem sehr genau sein“, sagt Sanchez. Als Lösung erwiesen sich die eisenlosen FAULHABER-DC-Motoren von FAULHABER. Ein eisenloser Motor besitzt keinen Rotor, der aus einem kupferummantelten Eisenkern besteht, sondern selbsttragend ausgelegte Spulen. "Die sehr geringe Motorträgheit des eisenlosen Motors ist wichtig für uns”, merkt Sanchez an. “Das sehr hohe Leistungs-Volumen-Verhältnis der Motoren von FAULHABER ist ideal. Außerdem haben sie wirklich gute Eigenschaften, was abgestrahlte elektromagnetische Störungen angeht, die von Bürsten ausgehen könnten.”
Genauigkeit und Auflösung waren entscheidend für die Leistungsfähigkeit. Wegen des weiten Schwenkbereichs und des hohen Zoomfaktors mussten die Motoren ein Untersetzungsgetriebe erhalten, um die erforderliche Auflösung zu erreichen. Im RP-Vita werden zwei verschiedene Motoren eingesetzt, und zwar ein Gleichstrommotor mit 26 mm Durchmesser ohne Getriebe als Eingang zu einem Harmonic-Drive-Getriebesystem für die Neigebewegung und eine zweite Version, die mit einem spielarmen Planetengetriebe als Eingang zu einer Riemenscheiben-Untersetzungsstufe für die Schwenkbewegung gekoppelt ist. “Besonders bei dem effektiven 120:1-Zoom ist ein geringes Spiel entscheidend, um eine genaue Ausrichtung zu erreichen”, so Sanchez weiter. “Durch das geringe Spiel des Planetengetriebes erzielen wir ein sehr gutes Betriebsverhalten.”
Die Anwendung brachte aber noch weitere Herausforderungen mit sich. Obwohl der Fernbediener die volle Kontrolle über die Positionierung des Displays hat, kann es auch vom Patienten oder vom Personal vor Ort bewegt werden, entweder um die Interaktion bequemer zu gestalten oder um die Aufmerksamkeit des Arztes auf einen anderen Teil des Raumes zu lenken. “Die Eignung der Getriebesysteme für den Reversierbetrieb ist entscheidend, vor allem, wenn man bedenkt, dass wir ziemlich hohe Übersetzungen haben, um diese präzise Bewegung zu erreichen und das benötigte Drehmoment zu erhalten”, sagt Sanchez.
Feedback
Eine genaue Positionierung lässt sich nicht ohne hochauflösendes Feedback erreichen. Die Frage war, welcher Typ verwendet werden sollte. Wegen des hohen Untersetzungsverhältnisses brauchten die Entwickler einen Multiturn-Encoder, der aber in einen begrenzten Raum passen musste. Ein Inkrementalencoder könnte diese Anforderung erfüllen, aber er müsste nach jeder Stromunterbrechung neu kalibriert werden. Im Fall des RP-Vantage beispielsweise war eine Neukalibrierung während einer Operation einfach keine Option.
Das InTouch-Team entwickelte daher eine innovative Hybridlösung um beide Probleme angehen zu können. Zur Überwachung der Absolutposition enthält jede Bewegungsachse ein Potentiometer, das als absoluter Positionssensor dient. Gleichzeitig verfügt jede Achse auch über einen inkrementalen Magnet-Encoder, um die Verschiebung von einem Startpunkt aus zu verfolgen, so dass der Benutzer das Display nach Bedarf neu positionieren kann. “Die Magnet-Encoder in Flachbauweise sind wegen ihrer geringen Abmessungen und ihrer hohen Auflösung ideal für uns”, sagt Sanchez. “Das ist für uns entscheidend.” Eine FPGA-basierte, kundenspezifische Steuerungslösung ermöglicht eine Integration der Informationen und führt eine Routenplanung durch. Im Fall einer Stromunterbrechung und eines Neustarts liefert das Potentiometer dem System die Information zur absoluten Position jeder Achse innerhalb des Bewegungsbereichs, und ein geschlossener Regelkreis vom Inkrementalencoder überwacht die Neupositionierung.
Es war ein effektives Design. Als es jedoch an der Zeit war, zur Produktion überzugehen, stand das Team von InTouch vor dem klassischen Dilemma eines OEMs: Bauen oder kaufen? Im Fall von InTouch entschied sich das Unternehmen dafür, sich auf sein zentrales Wertversprechen im Bereich der Steuerungs- und Kommunikationssysteme zu konzentrieren und das Motor-Subsystem dem Antriebshersteller zu überlassen. Anstatt diskrete Komponenten zu verbauen, kauft InTouch einen Motor mit integriertem Planetengetriebe zu. Im Subsystem von FAULHABER sind auch der flache Encoder und die kundenspezifische Verkabelung enthalten. Jedes angelieferte Modul hat bereits die Qualitätskontrolle bestanden und ist bereit zum Einbau.
Dieser Ansatz funktioniert. Derzeit sind über 900 InTouch-Geräte im Einsatz, und in jedem von ihnen funktionieren die Schwenk- und Neigesysteme störungsfrei. Die Bewegungs-Subsysteme ersparen InTouch Zeit und Geld im Fertigungsprozess und erbringen die Leistungen, die das Unternehmen benötigt. Die Kombination aus innovativem Design und einem Qualitätsanbieter wie FAULHABER hat es InTouch ermöglicht, abgelegenen Gemeinden die Medizin von morgen schon heute zugänglich zu machen.