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#Neues aus der Industrie

Qualitätssicherung von Behälterglas mittels berührungsloser 3D-Messtechnik

Über den Einsatz chromatisch-konfokaler Sensoren in Inspektionsmaschinen für Behälterglas

Trotz hoher Produktionsgeschwindigkeiten von Behälterglas (Glasflaschen) in heutigen Glashütten gilt nach wie vor, dass selbst bei Taktraten von Hunderten Artikeln je Minute jede Flasche individuell geprüft werden muss. Für die Qualitätsprodukte unter den Flaschen – und hierzu zählen alle internationalen Premiumhersteller, aber auch viele Traditionsmarken – sind dabei viele Parameter zu erfassen: Risse, Wandstärke, Mündungsdurchmesser, Dichtheit der Mündungsoberfläche, Artikelhöhe und Form. Die hierfür eingesetzten Inspektionsmaschinen setzten durchweg auf optische Messsysteme, die mit Kameras beginnen und bei Hochleistungssensoren enden. Letztere können sogar die Wandstärken auf wenige hundertstel Millimeter genau ermitteln – und zwar berührungslos.

Die meisten sagen einfach Glasflaschen. Fachleute aber spannen den Bogen weiter und reden von Behälter- oder Containerglas. Wie dem auch sei: Maschinell geblasen in einer Glashütte und dort schlussendlich transportsicher verpackt, durchlaufen diese Artikel zuvor eine Reihe von Inspektionen, die darüber entscheiden, ob die Qualität des Produkts alle Kriterien erfüllt. Falls nicht, bleiben nach einem kräftigen Pressluftstoß, der die betreffende Flasche vom Transportband fegt, im wahrsten Sinne nur Scherben übrig – und alles beginnt von vorn. Bis es allerdings soweit ist, haben die Glasflaschen schon einiges hinter sich.

Am „heißen Ende“ der Produktionslinie aus einem Tropfen geformt und geblasen, zuerst noch rotglühend und dann kontrolliert abgekühlt, kommt für sie die Stunde der Wahrheit, wenn es vom Förderband in die Sternrad-Inspektionsmaschinen geht. Diese werden in Anlehnung an ihr Funktionsprinzip auch Stop-and-Rotate-Maschinen genannt. Sie befinden sich am sogenannten kalten Ende der Glasproduktionslinien. Anschließend warten nur noch die vollautomatischen Verpackungsmaschinen auf die Flaschen. Früher wurden in Inspektionsmaschinen Glasdicken kapazitiv und berührend gemessen, auf Zweizehntelmillimeter genau. Wirklich sicher war man sich aber nicht, denn die eigentliche Glasdicke wurde nicht bestimmt, sondern lediglich ein elektrischer Wert gemessen und die Glasdicke daraus abgeleitet. Genügend viel Glas bei der Tropfenformung am heißen Ende stellte sicher, dass die Wandstärke überall groß genug war. Heute ist die Wandstärke nur einer von vielen, wenn auch wesentlicher Parameter von leichtgewichtigem Containerglas, der durch Inspektionsmaschinen permanent überwacht wird.

Die aufwendigeren Sternradmaschinen arbeiten mit einem schrittgeschalteten Sternrad, in deren Taschen die Behälter (Glasflaschen) hineingegeben werden. Während jeder Ruhestellung erfolgen Prüfungen unterschiedlicher Art. Dabei erreichen aber selbst schnell laufende Flaschenprüfmaschinen nicht die Inspektionsgeschwindigkeit, die notwendig wäre, um bis zu 700 Flaschen, die je Produktionsmaschine in der Minute am heißen Ende produziert werden können, zu überprüfen. Es werden daher immer mehrere Inspektionsmaschinen parallel geschaltet und der Flaschenstrom dazu aufgeteilt.

Bitte nicht brechen

Während der Abfüllung zerbrechende Flaschen sind ein großes Ärgernis, das es unbedingt zu vermeiden gilt - nicht nur bei der Abfüllung von Honig. Aus diesem Grund werden die Wandstärken jedes einzelnen Artikels kontrolliert, denn ungenügende Wandstärke ist eine Ursache für Glasbruch während der Abfüllung (oder später während des Transports, was ebenso unangenehm ist). Moderne Abfüllmaschinen arbeiten heute mit sehr hohen Geschwindigkeiten und reagieren empfindlich auf verminderte Bruchfestigkeit von einzelnen Flaschen. Was noch hinzukommt: Parallel wurden und werden die Wandstärken speziell von Einwegflaschen reduziert, um das Gewicht und damit die Energie- und Materialkosten zu senken. Gleichzeitig wird die Convenience für den Endverbraucher erhöht. Auch die Anzahl der Umläufe von Pfandflaschen wird weiter erhöht, was Qualitätsanforderungen an das Material steigen lässt. Ein Millimeter Wandstärke kann für einen Artikel ausreichend sein (abhängig vom Artikel, Füllgut und anderen Parametern), diese Grenze sollte und darf im Produktionsprozess dann aber nicht mehr unterschritten werden. Wird dieses erkannt, handelt es sich es sich um eine Dünnstelle im Glas und der produzierte Artikel muss zuverlässig aussortiert werden. Das Unternehmen Heye International in Obernkirchen als Komplettanbieter vom heißen bis hin zum kalten Ende der Glasproduktion hat speziell für leichtgewichtiges Behälterglas in den siebziger Jahren den mittlerweile weit verbreiteten NNPB -Prozess (Enghals-Press-Blas-Prozess) entwickelt, der die kontrollierte Produktion von Behälterglas mit minimalen Wandstärken erlaubt. Es wird dabei gerade so viel Glas zu einem Behälter geformt, wie unbedingt notwendig ist und optimal in der Form verteilt. Jeder einzelne Artikel wird letztlich am kalten Ende berührungslos mittels chromatisch-konfokaler Sensoren in Inspektionsmaschinen auf seine Wandstärke hin kontrolliert – auf Hundertstel Millimeter genau. Um zu prüfen, ob die Glasdicke an keiner Stelle unterschritten wird, sind am Messungen gleich an mehreren Stellen der Flasche notwendig - und zwar genau dort, wo ein Unterschreiten der Glasdicke am ehesten vermutet werden kann. Dieses ist erfahrungsgemäß an der Schulter bzw. am unteren Rand der Flasche der Fall.

Berührungslos messen

Seit geraumer Zeit hat sich in Inspektionsmaschinen die chromatische Messtechnik durchgesetzt, die völlig ohne bewegte Teile auskommt, aufgrund des Messverfahrens aber auch mit einer geringen Signalintensität auskommen muss. Die chromatisch-konfokalen Chrocodile-Sensoren, die Heye International von Precitec Optronik GmbH in Neu-Isenburg bezieht, nutzen daher aufwendige Technik zur Signalauswertung und beweisen ihre besondere Stärke auch an stark streuenden bzw. semitransparenten (gefärbten) Oberflächen, an denen andere 3D-Messverfahren scheitern. Der größte Vorteil dieser Technik ist aber, wie Gerd Schütz, verantwortlich für Produktmanagement bei Heye International in Nienburg, erläutert, ihre uneingeschränkte Eignung zur berührungslosen Inline-Messung von Behälterglas; in diesem Fall rotieren die Flaschen in den Taschen des Sternrades um ihre Achse, während in dieser Zeit die Glasdicke mittels kompakter chromatischer Messköpfe erfasst wird. Die Flaschen rotieren dabei so schnell, dass ihre Oberfläche mit dem Auge gar nicht mehr zu erfassen ist. Die Messung der Wandstärke wird durch die Rotation oder Bewegung der Flaschen auf dem Drehteller nicht beeinflusst. Dass das Messobjekt für eine hochgenaue Ermittlung der Wandstärke nicht in einer Ruheposition oder genau definierten Lage verharren muss, ist das entscheidende Kriterium für den Einsatz dieser Technologie in Inspektionsmaschinen. Als weiterer Vorteil von chromatisch-konfokalen Sensoren gilt, dass im Gegensatz zu anderen berührungslosen Messverfahren bei großem Messbereich auch dünne Wandstärken gemessen werden können. Weiterhin toleriert dieses Messverfahren größere Abstände und Winkel zwischen Messköpfen und Glasoberfläche im Vergleich zu konkurrierenden berührungsfreien Messsystemen. Messtechnisch aus Sicht der Chrocodile-Sensoren wären sogar noch höhere Geschwindigkeiten machbar; es ist die Austrag- und Übergabemechanik der Flaschen in Verbindung mit den Sternrädern, die hier eine obere Grenze setzt.

Die Inspektionsmaschinen von Heye International sind modular aufgebaut, weiteres Prüfequipment bzw. Sensoren lassen sich daher auch später noch nachrüsten. Eine Rissprüfung findet dabei immer statt, zumeist gefolgt von der Prüfung der Wandstärke. Die Ovalität des Flaschenkörpers stellt ein weiteres Kriterium dar, ebenso der äußere Mündungsdurchmesser, wichtig für die Dichtigkeit der Flasche. Die Einstellung und Justage von Inspektionsmaschinen erfolgt mit Hilfe geeigneter Musterflaschen. Regelmäßige Stichproben für das Labor dienen zur Prüfung des Innendrucks und um sicherzustellen, dass man den Gesamtprozess unter Kontrolle hat.

Neue Multipunkt-Sensoren

Neue Abfülltechniken aber gehen einher mit steigenden Anforderungen an die Qualität von Behälterglas. Auch die Qualitätssicherung zählt dazu: Nach wie vor macht gerade die in Inspektionsmaschinen eingesetzte Messtechnik große Entwicklungssprünge. Auf der Glasstec 2014 in Düsseldorf wurde von Heye International eine neue Sensorgeneration vorgestellt, die erstmalig nicht nur Einzelpunkte zur Ermittlung der Glasdicke heranzieht, sondern die Wandstärke von Containerglas entlang einer Linie messen kann. Hierzu sind mehrere Messpunkte auf einer bis zu 10 Millimeter langen Linie angeordnet. Der Inspektionsbereich für Dünnstellen kann so um das Zehnfache ausgedehnt werden, ohne dass mehr Zeit für diese Messung benötigt wird. Damit wird die Fähigkeit, Dünnstellen an der Flaschenoberfläche zu finden (an Orten, die man nicht auf den Millimeter genau vorhersagen kann), wesentlich erhöht.

Über die Autoren:

Mark Ziegler ist Marketing Manager und Gerd Schütz ist Head of R&D Cold End bei Heye International

Qualitätssicherung von Behälterglas mittels berührungsloser 3D-Messtechnik

Infos

  • Schleussnerstraße 54, 63263 Neu-Isenburg, Germany
  • PRECITEC OPTRONIK